Genozid-Debatte: Eher Rufmord als Völkermord

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«Während die politische Führung Deutschlands die Türkei des Völkermordes bezichtigt, hinterlässt sie mit der Leugnung des «ersten Völkermordes des 20. Jahrhunderts» den Eindruck, das es hierbei um mehr als die Interessen der Armenier geht, geschweige denn um die weltweiten «Völkermord-Opfer». Eher werden Beobachter den Eindruck nicht los, dass hier die «angeblichen» Täter im Fokus deutscher Politiker liegen.

 

Der Papst höchstpersönlich brachte den Stein ins Rollen, als er das Osmanische Reich mit dem vermeintlich „ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts“ bezichtigte. Obwohl das Vorliegen eines Völkermordes durch namhafte Wissenschaftler als nicht erwiesen betrachtet wird, ließen die Reaktionen auf den Impuls aus dem Vatikan nicht lange auf sich warten. Nachdem das Europaparlament vom Völkermord sprach hat am Donnerstag nun auch Bundespräsident Joachim Gauck die Türkei des Völkermordes bezichtigt.

Gauck sagte in einem ökumenischen Gottesdienst in Berlin über den angeblichen Völkermord an den Armeniern, Aramäern und Pontos-Griechen: «Das Schicksal der Armenier steht beispielhaft für die Geschichte der Massenvernichtungen, der ethnischen Säuberungen, der Vertreibungen, ja der Völkermorde, von der das 20. Jahrhundert auf so schreckliche Weise gezeichnet ist», und sprach ebenso von deutscher Mitschuld am «Völkermord an den Armeniern». 

Die deutsche Selbstgerechtigkeit

Was die zweifelhafte Strategie, eine deutsche Mitschuld einzuräumen, um damit eine bislang weder historisch noch wissenschaftlich belegte Völkermordtheorie zu untermauern, folgte, kann man getrost als die Auflistung weiterer «Glaubenssätze» betrachten. Nicht nur die Spannweite der in den Raum geworfen Opferzahlen «Zwischen 200.000 und 1.5 Millionen» zeugen von großer Unkenntnis über die Vorfälle im Osmanischen Reich, auch Argumentation wie, das ja bislang 21 Staatliche Parlamente den Völkermord akzeptiert hätten, zeigen wie hilflos man bei der Rechtfertigung und Aufrechterhaltung der Völkermord-These ist. Jedenfalls konnte bislang kein einziger Beleg (außer die von britischen Gerichten als Fälschung entpuppten Talat-Briefe), die irgendeinen staatlichen Mordbefehl oder gar eine systematische Vernichtung der armenischen Minderheit nur ansatzweise belegen konnten, vorgelegt werden.

Der deutsche Vorstoß und eine «Einräumung der Mitschuld» wirkt im Rückblick auf die Debatte um den ersten wirklichen Völkermord des 20. Jahrhunderts noch irritierender. Denn dieser, durch das deutsche Kaiserreich in der deutschen Kolonie im heutigen Namibia, verübte Völkermord wird immer noch vehement geleugnet. 80 Prozent der Herero-Bevölkerung wurden 1904-1906 Opfer des grausamen Völkermordes. Deutsche Journalisten sprechen derweil von der Doppelmoral und der Heuchelei der deutschen Politik.

Während die politische Führung Deutschlands die Türkei des Völkermordes bezichtigt, hinterlässt sie mit der Leugnung des «ersten Völkermordes des 20. Jahrhunderts» den Eindruck, das es hierbei um mehr als die Interessen der Armenier geht, geschweige denn um die weltweiten «Völkermord-Opfer». Eher werden Beobachter den Eindruck nicht los, dass hier die «angeblichen» Täter im Fokus deutscher Politiker liegen. Im Zeitalter der hoffähigen Islamophobie, und mit einer übermächtigen Deutungshoheit im Gepäck, scheint es keine schwere Angelegenheit zu sein, dem Staat am Bosporus einen Völkermord an Christen vorzuwerfen.

Wie die wahren politischen Absichten auch sind, besorgniserregend ist die Tatsache, dass Deutschlands Politik gegenüber der Türkei seit Jahren keine freundschaftlichen Züge mehr aufweist. Unionspolitiker verteidigen offen die BND-Spionage am Nato-Partner, parteiübergreifend wird die Bewaffnung der PKK diskutiert, türkische Politiker werden durch deutsche Politiker öffentlich als „Nicht Willkommen“ gestempelt und während man sich jegliche Einmischung über die Türken betreffende Themen verbittet, zeigt man Glanzleistungen in Instrumentalisierung der Minderheiten in der Türkei. Während in Deutschland Moscheen und Asylantenheime brennen, beschäftigt man sich lieber mit den Minderheiten in der Türkei. Besonders Beobachter aus der Türkei beklagen eine überaus arrogante und selbstgerechte deutsche Politik gegenüber der Türkei.

Davutoğlu: Gezielte Torpedierung der armenisch-türkischen Beziehungen

Leider beinhalten weder die Resolution des EU-Parlaments, noch die Äußerungen aus dem Vatikan versöhnungsfördernde Elemente. Durch direkte Anmaßungen und Vorwürfe zielen sie eher auf die Verschlechterung der sich kürzlich zu Positivem entwickelnden Verhältnisse zwischen der Türkei und Armenien. Ganz im Sinne der armenischen Diaspora, die krampfhaft ihre Identität über diese Tragödie und die Anerkennung eines angeblichen Völkermordes zu definieren versucht.

Leidtragende werden zehntausende Armenier in der Türkei sein, die mit der AK-Partei Regierung erstmals in der türkischen Republik einen aufrichtigen Partner gefunden hatten, der sie und ihre Probleme wahrnimmt. Der ehemalige Ministerpräsident und jetziger Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan, ist in den letzten Jahren mehrmals auf die Nachfahren der Opfer der Zwangsumsiedlung zugegangen und seine Anteilnahme für ihr Leid ausgesprochen.

Recep Tayyip Erdoğan war es aber auch, der davor gewarnt hatte, die schmerzvollen Ereignisse von 1915 als ein politisches Instrument für antitürkische Ressentiments zu nutzten. Nun muss die Türkei bitter feststellen, das die versöhnlichen Schritte der letzten Jahre absolut keinen Wiederhall fanden, weder in Armenien noch in der Europäischen Union. Es ist genau das eingetreten, wovor Erdoğan gewarnt hatte.

Türkische Politiker hinterfragen zurecht, welches Ziel mit der vom EU-Parlament ausgehendem politischem Diskurs eigentlich verfolgt wird. Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu hat es vorsichtig formuliert und spricht von gezielten «Provokationen» und «Torpedierung der Beziehungen zwischen Türken und Armeniern» durch Drittstaaten. Die Politisierung der Debatte wird weder zu einer Versöhnung, noch zur politischen sowie wirtschaftlichen Integration beider Länder führen, das erscheint als sicher.

Zweifel an der moralischen Integrität der Europäischen Union

Eher lässt die einseitige Betrachtungsweise der Europäischen Union, die das Leiden und die Tragödie der vier Millionen muslimischen Opfer in ehemaligen Gebieten des zerfallenden Osmanischen Reiches komplett außer Acht lässt, ja sogar mit Gleichgültigkeit ignoriert, an der moralischen Integrität der Europäischen Union erheblich zweifeln. Die EU tritt leider auf, wie ein Vertreter eines vor hunderten Jahren vorherrschenden Weltbildes, der sich als christliche Union versteht, der selbstverständlich christliche Interessen verteidigt. Muslimische Opfer scheinen dabei keine Rolle zu spielen, wenn doch, dann jedoch so, wie es Papst Clemens zu Beginn der Kreuzzüge verkündete, nämlich, dass das Gebot der Nächstenliebe gegen Muslime nicht gelte.  

Davutoğlu hob diesbezüglich hervor, das dieselben Kreise, die damals unschuldige christliche Armenier aufgewiegelt haben und damit mitverantwortlich waren für die gemeinsamen Schmerzen der Türken und der Armenier nun heute versuchten mit antitürkischen Kampagnen, sich als vermeintlicher Verteidiger der Armenier aufzuspielen.

Die Türken und Armenier in der Türkei haben vor Jahren einen erfolgreiche Weg für die historische Aussöhnung eingeschlagen. Nun müssen sie in Ruhe gelassen werden. Besonders auf eine Unterstützung von auswärts ist in diesem Fall keine der beiden Parteien angewiesen. Sie schadet nur!

 

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